Mozart des Kalenders
Eine musikalischere Metapher für den Wonnemonat als diese in Erich Kästners Frühlingsgedicht gibt es wohl nicht. In voller Länge zu lesen im letzten Eintrag dieses Rundbriefes – mit noch mehr wunderbaren sprachlichen Mai-Bildern. Ideal für eine Gedichtanalyse … Wir beginnen aus gutem Grund mit Kästner: Die nunmehr schon vierte Verfilmung seines »Fliegenden Klassenzimmers« war, wie erwartet, der Publikumsfavorit der diesjährigen SchulKinoWochen. Mit fast 3.000 Besucher:innen …
… belegt der Film unangefochten Platz 1 von mehr als 30 Filmen – gefolgt von der schwedischen Liebesgeschichte »Eva & Adam« mit gerade mal halb so vielen Zuschauer:innen. Eigentlich hatten wir ja »Checker Tobi – Die Reise zu den fliegenden Flüssen« ganz vorn vermutet, am Ende reichte es für Platz 3, vor dem streitbaren Kuh- und Raben-Freundespaar »Wer bist Du, Mama Muh?«, den nicht ganz tierlosen »Neuen Geschichten vom Franz« und dem schweinisch lustigen »Oink«.
Insgesamt erreichten das FILMERNST-Kinobüro 381 Anmeldungen aus 195 Schulen, die das anhaltend intensive Interesse an schulfilmischer Arbeit bestätigen. Die Anfragen nach moderierten Veranstaltungen waren unverändert zahlreich, unsere finanziellen und personellen Möglichkeiten setzen den Wünschen hier leider Grenzen. Immerhin erlebten knapp 2.500 Gäste 39 Veranstaltungen, die begleitet/umrahmt waren von Moderationen, Filmgesprächen, Kinoseminaren.
Zum ersten Mal überhaupt bei uns gab es zwei Online-Schaltungen direkt in den Kinosaal: Aus London ins Cottbuser »Obenkino« zugeschaltet war der Regisseur Franz Böhm, der Schüler:innen der Freien Waldorfschule Cottbus Auskünfte über seinen beeindruckenden Dokumentarfilm »Dear Future Children« gab. Die kürzere Distanz von Berlin nach Erkner ins Kino »Movieland« überbrückte der iranische Regisseur Ayat Najafi, um mit Jugendlichen vom »Carl-Bechstein-Gymnasium« über seinen Dokumentarfilm »No Land’s Song« zu sprechen. Beide Online-Premieren waren ein voller Erfolg, und wir würden das gern im nächsten Jahr in größerer Zahl fortsetzen.
Ganz traditionell und klassisch die dritte Begegnung mit einem Regisseur: Steffen Krones kam (pünktlich) mit der DB von Dresden nach Rathenow, wo er im »Haveltorkino« mit Schüler:innen der Gesamtschule »Bruno H. Bürgel« über sein Experiment sprach, eine Bierdose mit GPS in die Elbe zu werfen und zu verfolgen, wie sie über zweieinhalbtausend Kilometer hinweg letztlich an der Küste Nord-Norwegens strandet: »The North Drift – Plastik in Strömen«.
Den kürzesten Weg ins Kino hatte der Regisseur Jonas Kaufmann. Er brauchte nur von Berlin mit dem Regionalzug nach Potsdam-Babelsberg zu fahren – wenn er denn hätte fahren können. Der Bahnstreik schien seinen Besuch im »Thalia« zu verhindern, doch in letzter Minute lieh sich Jonas ein Auto, um seinen Film »Der Kern, der dich zusammenhält« persönlich zu begleiten. Im Programmkino wurde er erwartet von 20 Azubis und unserer Moderatorin Annette Hollywood. In ihrem Bericht heißt es: »Nach dem Film haben wir über die Schicksale der Personen im Film gesprochen und es war schön zu erleben wie berührt die meisten waren. Es gab viele Fragen an Jonas und auch Bewunderung für seine Tatkraft und Hilfsbereitschaft. Es war einfach toll, so einen sympathischen jungen Filmemacher da zu haben, der uns alle inspiriert hat mit seinen Fragen dazu was uns im Kern ausmacht angesichts der Krisen in der Welt.« Und auch Jonas war froh, dass er sich hatte nicht bremsen lassen vom Streik: »Wir hatten ein wunderbares Screening, ein tolles Publikum und angeregte Gespräche!«
Vier Begegnungen mit Regisseuren, die sowohl für das Publikum als auch für die Regisseure spannend und erkenntnisreich waren.
Ayat Najafi schrieb uns im Nachklang zur Veranstaltung in Erkner: »Ich habe ein sehr gemischtes Gefühl bei der Präsentation von ›No Land's Song‹ 10 Jahre nach seiner Uraufführung. Einerseits bin ich sehr froh, dass der Film immer noch ein Publikum findet, das sich mit dem Film und den Kämpfen seiner wunderbaren Protagonist*innen verbindet, aber andererseits macht es mich traurig, dass die Geschichte des Films immer noch aktuell ist. Das Q&A mit den Schüler*innen des Carl-Bechstein-Gymnasiums war für mich eine einzigartige Erfahrung. Ich fand sie sehr aufmerksam und ihre Fragen waren sehr präzise und auf den Punkt gebracht. In dieser sehr dunklen Zeit, die unsere Welt wieder einmal mit Kriegen und Konflikten erlebt, ist unsere Hoffnung, dass die neue Generation keine Form von Ungerechtigkeit, Ungleichheit und Diskriminierung akzeptiert.«
Ein Höhepunkt der SchulKinoWochen 2024.
Fotos: Obenkino Cottbus / FILMERNST / Nikolaos Topp