»Oben kurz, hinten etwas länger. Wie bei ›Snake‹«, so wünscht sich Jordan die neue Frisur. Gutwillig geht sein Freund Patrick ans Werk, doch der Schnitt misslingt ihm total. Das führt die beiden kurzerhand zur Radikallösung einer Glatze. In diesem markant-neuen Outfit präsentiert sich Jordan den Play-Station-Partnern im fernen Korea. Die deuten den Kahlkopf fatalerweise als Zeichen eines Tumors – und überweisen online gleich ein paar Euro. Der
koreanische Trugschluss bringt Jordan auf eine hirnrissige Idee: Per Videokanal verkündet er die Botschaft seiner Krebserkrankung, verknüpft mit der Bitte um Spenden für die teure Therapie. Der Schwindel ist gewaltig, aber vorerst geht alles gut und sogar besser als gedacht: In der Schule verbrüdern sich alle mit Jordan, scheren sich aus Solidarität die Köpfe kahl. Während er und Patrick bislang eher gemobbt wurden, werden sie plötzlich, von Mitschülern und Lehrern, mit Rücksicht und Fürsorge bedacht. Das Spendenkonto
wächst derweil rasant, fast 3.500 Euro sind schon erreicht. Die den
anderen vorgegaukelte Chemotherapie sollte Jordan im Stillen daheim überbrücken. Patrick schärft dem Freund größte Vorsicht ein, doch den hält es nicht zu Hause. Vor allem auch, weil sich eine – zuvor nie für möglich gehaltene – Beziehung zu Fanni anbahnt. Nahezu zwangsläufig aber mehren sich die Zeichen, dass der Schwindel bald auffliegt. Die Zeit nach der Enttarnung wird schmerzhaft. Jordan hat das Vertrauen aller grob missbraucht. Die
schwer Enttäuschten reagieren aggressiv – und selbst die Spende des unter falschen Voraussetzungen eingeworbenen Geldes an die Kinderklinik kann die Schuld nicht tilgen. Am Ende sitzt Jordan mit seiner Mutter vor der Schulkonferenz, die über seinen weiteren Weg entscheiden wird.
Ungelogen: ein großartiger Jugendfilm mit Ernst und Empathie.
Fotos: Landfilm Filmverleih, Chemnitz / barnsteiner-film, Ascheffel
»Muss man ein eigenes Leben erfinden und Regeln brechen, um sich zu emanzipieren, wenn man auf dem Land aufwächst? Wie erkennt man in einer hypervernetzten Welt, die von der Diktatur der Popularität beherrscht wird, was wesentlich ist? Mit einer ganz einfachen Zeichnung beantwortet Jordan diese letzte Frage auf hübsche Weise, bevor er in den Bus steigt, der ihn in sein neues Leben fernab von Mornas bringt ... Ein flotter Schnitt, ein kluger Einsatz von Musik, urkomische Dialoge, gut ausgearbeitete Nebenfiguren und vor allem zwei junge Nachwuchsschauspieler, die beeindruckend genau sind. Nicht zu vergessen der kurze, aber intensive Auftritt von Vanessa Paradis in einem Film, in dem Teenager im Vordergrund stehen.«
Laurence Houot, Franceinfo Culture / francetvinfo.fr
»Der Film, der ausschließlich von überzeugenden Laiendarstellerinnen und -darstellern gespielt wird (mit Vanessa Paradis als rührender Mutter), erhält seine Frische und Ausgewogenheit durch die Vielfalt seines Erbes. Der Film entstammt sowohl der amerikanischen Teenager-Komödie im Stil von ›Superbad‹ und ›21 Jump Street‹ als auch der französischen Kulturlandschaft. So erinnert die Lüge, die den Film einleitet, an die ebenso skandalöse Lüge des jungen Antoine Doinel in (Truffauts) ›Sie küßten und sie schlugen ihn‹, während die Schärfe, die auf die sozialen Riten einer Jugend und ihr Verhältnis zu den neuen Technologien gelegt wird, eine Neuauflage eines Comics wie ›Titeuf‹ in den 2020er Jahren sein könnte. Denn hinter der gelungenen Maske der Komödie zeichnet sich der Film auch als eine rauere und schmerzhaftere Identitätssuche ab, die von guten Gefühlen abrückt, um ihre Figur mit der Herausforderung von etwas Existentiellem zu konfrontieren.«
Ludovic Béot, lesinrocks.com / Les Inrockuptibles, Paris
»Komödien über oder für Jugendliche haben es in Frankreich immer schwer, sich auf intelligente Weise durchzusetzen. Die erste Qualität des Films von Hugo P. Thomas, dessen Prämisse bereits kontrovers ist, besteht darin, dass ein Teenager beschließt, in sozialen Netzwerken seine Krebserkrankung vorzutäuschen, um einen Pool zu füllen, mit dem seine Spielkonsole ersetzt werden soll. Aber der Filmemacher ... schwelgt nie in dieser provokativen Furche, sondern zieht es vor, die Teenagerchronik mit sozialeren Themen zu vermischen. Abgesehen von einigen Ungeschicklichkeiten ist die Besetzung stark, einige Szenen sind makellos und die liebevolle Hommage an John Hughes (›The Breakfast Club‹, ›Ferris macht blau‹) wird voll und ganz angenommen. Ein Regisseur, den man im Auge behalten sollte ...«
Fabrice Leclerc, Paris Match
»Die Stärke des Drehbuchs liegt in der Fähigkeit des Autors, seine Figuren nie zu verurteilen. ›Juniors‹ profitiert von einem genauen Blick und erstklassigen Darstellern. So spielen alle ihre Partitur (die Kinder, die Mutter und die Institution Schule) und bleiben in ihren Bahnen, ohne davon abweichen zu können.«
Virgile Dumez, CinéDweller, Lille
»›Juniors‹ respektiert alle Codes des Genres mit seinen archetypischen Teenagern – Streber, der Tyrann, das Mädchen, das nicht dazugehört, Konformität, der Wunsch, sich zu integrieren, und die Ungeschicklichkeit, die diesem Alter innewohnt, das Herumirren auf den Schulfluren und das Gedränge in der Kantine usw. – und spielt die Komödienkarte sehr treffend aus.«
Fabien Lemercier, cineuropa.org, Brüssel
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