»Im Leben gibt es keinen Fallschirm, wenn es wirklich ernst wird.« Diese Weisheit aus dem Munde des älteren Bruders soll Mehdi zu mehr Selbstbewusstsein ermutigen. Vor allem in der Beziehung zu Nina. Die ist zwar nur zwei Monate älter als er, aber um einiges resoluter, beherzter, energischer als ihr bester Freund. Gerade jetzt, da die beiden etwas Geheimes und Verbotenes planen, darf es weder Furcht vor dem Risiko noch abwartendes Bedenken geben: Sie werden in die stillgelegte, doch scharf bewachte Fabrik eindringen, in der ihre Väter jahrelang gearbeitet hatten und trotz großen Widerstands alle entlassen wurden. Der Job-Verlust trifft
nicht nur die Männer hart, er belastet auch ihre Familien. Nicht mal den nächsten Sommerurlaub werden sie sich noch leisten können. In dieser Notlage kommt Nina ein rettender Gedanke: Könnte es nicht sein, dass der fiese, zwar im Gefängnis sitzende Fabrikdirektor die letzten, nicht ausgezahlten Löhne versteckt hat und wartet, bis er wieder freikommt? Wenn sie den Schatz fänden, könnten sie das Geld an jene verteilen, denen es zusteht – und alles wäre wieder gut. Nina ist fest entschlossen, ihren Plan durchzuziehen, trotz aller Gefahren und eines zögerlichen Freundes. Am Ende könnte sie, in ernster Lage, einen Fallschirm gut gebrauchen …
Welche Rolle der Igel in diesem Abenteuer spielt? Nun, er ist der schwarz-weiße Held in den Gute-Nacht-Geschichten, die Ninas Vater für seine Tochter erfand und der sie letztlich auf ihre Idee brachte.
Fantastisch vielschichtig, wunderbar leicht und ernsthaft-tiefgründig!
Fotos: eksystent Filmverleih, München
» ... ist nicht nur ein abenteuerliches Unterfangen, sondern auch ein spannender Spaß. Einmal mehr gelingt Alain Gagnol und Jean-Loup Felicoli ein abwechslungsreicher Animationsfilm, der trotz aller Fantasie geerdet bleibt und dabei mehr als nur die Krimihandlung erzählt. Es geht um Arbeitslosigkeit und soziale Ungleichheit, um die Sorgen der Erwachsenen und das Ende der Kindheit, das mit Schmetterlingen im Bauch einhergeht. Trotz alledem wirkt der Film aber nie überfrachtet. Ganz im Gegenteil flechten Gagnol und Felicoli all das beiläufig und kindgerecht ein. So, wie sich die Kinder den Ernst des Lebens ihrer Eltern zu Herzen nehmen, nehmen auch die Regisseure ihre zwei jungen Protagonisten und mehr noch ihr junges Zielpublikum ernst – in einem Kinderkrimi, der auch Erwachsene begeistert.«
Falk Straub, kino-zeit.de, Mannheim
»Immer wieder haben die zwei amüsante Einfälle. Manche davon betreffen die Figuren, etwa eine ältere Nachbarin oder den Hund des Wächters. Aber auch die Pläne der Kinder sind drollig geworden. Richtig effizient oder sinnvoll sind diese nicht, weshalb das wenig überraschend alles nicht so funktioniert wie gedacht. Für die Schatzsuchenden ist das weniger glücklich, für das Publikum umso mehr. Bei den Passagen um eine Ablenkungsaktion etwa darf auch ein erwachsenes Publikum seinen Spaß haben. Überhaupt ist ›Nina und das Geheimnis des Igels‹ zwar ein Film, der aus der Sicht der Kinder erzählt ist und deren Erfahrungswelt schildert, dabei aber auch älteren Zuschauern und Zuschauerinnen Anknüpfungspunkte bietet.«
Oliver Armknecht, film-rezensionen.de, München
»Der Film überhöht zudem die realistische Ebene der abenteuerlichen Story durch die Integration einer phantastischen Ebene. Der kleine Igel entfaltet in Ninas Phantasie ein Eigenleben, spaziert aus einer Zeichnung heraus, spricht mit dem Mädchen und wird zum imaginären Freund und Helfer. Dabei ist das Stacheltier nur für sie sicht- und hörbar. Diese Meta-Ebene manifestiert sich auch visuell: Während die Abenteuer von Nina und Mehdi in ebenso einfachen wie charmanten 2D-Zeichnungen mit kräftigen Farben gezeigt werden, sind die Igel-Episoden in Schwarzweiß gehalten. Mit ihrem Hang zum Slapstick erinnern diese an klassische Cartoons aus dem frühen 20. Jahrhundert, die Igel-Figur ähnelt zudem Mickey Mouse.«
Reinhard Kleber, artechock.de, München
»Den Regisseuren Alain Gagnol und Jean-Loup Felicioli gelingt es auf wunderbare Weise, unterschiedliche Themen, Stile und Genrebezüge zu einer stimmigen Geschichte zu verweben und dabei die Sicht der Kinder nicht aus den Augen zu verlieren. Damit steht der Film ein bisschen ›Mein Nachbar Totoro‹ nahe, auf den ein Plakat im Zimmer von Mehdis älterem Bruder verweist; auch dies ein Film über die Kraft der Fantasie, die Zuversicht und das große Glück, draußen in der Natur zu spielen und große Abenteuer zu erleben.«
Stefan Stiletto, filmdienst.de, Bonn
»Frankreich ist das Land, in dem die soziale und wirtschaftliche Krise der letzten Jahrzehnte die schwächsten Schichten der Gesellschaft getroffen hat. Die jüngsten Unruhen in den grenzüberschreitenden Vorstädten sind der deutlichste Beweis dafür. Dieser Film, der sich durch einen kindgerechten Stil und Optimismus auszeichnet, greift diese Krise auf und macht sie zu einer erzählerischen Chance. Die künstlerische Zusammenarbeit zwischen Gagnol, dem Autor und Drehbuchautor, und Felicioli, dem visuellen Künstler, erweist sich einmal mehr als erfolgreich und liefert uns ein kleines Juwel des Animationskinos.«
Mattia Lento, Locarno Film Festival 2023 (übersetzt mit DeepL.com)