Zeitreise im »Haveltorkino« …
»Darf ich dich mal drücken?« Eine solche Frage war bislang noch nie einem Gast bei einem unserer Filmgespräche im Rahmen der SchulKinoWochen gestellt worden. Es war förmlich zu spüren, wie dem Saal der Atem stockte. Ob der Bewunderung, sich eine solche Frage überhaupt zu trauen – und mehr noch in gespannter Erwartung, wie sie der Gast beantworten würde. »Nach dem Gespräch, draußen im Foyer?«, wollte er wissen. »Nein, jetzt gleich!« Hendrik Duryn zögerte nur kurz, holte das Mädchen nach vorn – und der Beifall galt beiden: der Schülerin und dem Schauspieler.
Rund 150 Besucher hatten sich zur Eröffnungsveranstaltung der SchulKinoWochen 2023 auf eine Zeitreise ins Jahr 1987 begeben. »Vorspiel«, ein DEFA-Film von Peter Kahane, ließ sie eine Coming-of-Age-Geschichte erleben, die sie zu berühren vermochte.
Das jedenfalls bekundeten sie durch langen Applaus sowie im anschließenden, abwechslungsreichen und eben auch überraschenden Gespräch mit dem Regisseur Peter Kahane und dem Hauptdarsteller Hendrik Duryn. Von ganz besonderem Reiz war auch eine Location des Films: Etliche Szenen wurden seinerzeit in genau diesem Kino gedreht, in dem die Eröffnungsveranstaltung über die Bühne und die Leinwand ging. Damals hieß das »Haveltorkino« noch »Aktivist« ...
Hendrik Duryn konnte sich noch gut an die Dreharbeiten und seine erste Hauptrolle erinnern: Dieser Tom, den er spiele, sei zwar ein ziemlicher Spinner, aber letztlich gehe es ihm darum herauszufinden, welchen Weg er gehen wolle. Das sei heute nicht anders als damals. Man werde im Leben immer mal wieder scheitern, wusste er aus eigener Erfahrung dem Publikum zu berichten: »Aber es kommt darauf an, ob man lustvoll Fehler macht oder sich immer nur ärgert.«
Über die großartige Resonanz des Films und die gelungenen Eröffnungsveranstaltung freuten sich auch die Gäste: So der Staatssekretär im Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg, Steffen Freiberg, der wenige Wochen nach diesem Termin als neuer Bildungsminister berufen wurde – und sogleich die FILMERNST-Schirmherrschaft übernahm. Mit und neben ihm Leopold Grün, Geschäftsführer von VISION KINO, Stefanie Eckert als Vorstand der DEFA-Stiftung, Dr. Mathias Iffert, Direktor des Landesinstituts für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) sowie Jörg Zietemann, Bürgermeister der Stadt Rathenow.
Die Fotos zur Eröffnung zeigen im Vergleich zum Vorjahr einen ganz großen, leicht zu erkennenden Unterschied: keine Masken mehr vor den Gesichtern. Kino ohne Corona!
Fotos: FILMERNST/Delia Wöhlert / Hjördis Hornung
Auf einen Blick
13.050 Schüler:innen sowie 1.251 sie begleitende Lehrkräfte haben im März 2023 die Angebote für alle Jahrgangsstufen und Schularten wahrgenommen, insgesamt also 14.301 Besucher. Das übertraf die Erwartungen bei weitem, bedeutet im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um 30 Prozent. Von daher ein großer Dank an alle treuen, aber auch an alle neuen FILMERNST-Freunde aus den Bildungseinrichtungen des Landes Brandenburg.
198 Veranstaltungen waren für die im Programmheft angebotenen 30 Filme terminiert. Insgesamt fanden 168 Veranstaltungen statt – in 24 Städten und 26 Kinos des Landes Brandenburg. Von den 375 Anmeldungen aus den Schulen konnten 362 bestätigt werden. Inklusive der zusätzlichen »Wunschfilm«-Buchungen ergibt sich eine Nachfragequote von 85 Prozent. Die durchschnittliche Besucherzahl pro Veranstaltung lag bei 85 (2022: 70).
191 Schulen nahmen insgesamt an den SKW-Veranstaltungen teil (2022: 147 / 2020: 161 / 2019: 149). Die meisten Schulen sind im jeweiligen Spielort beheimatet; ein knappes Viertel reiste aus Orten im Umland an. Am langjährig gewohnten Bild der Verteilung nach Schularten hat sich wenig geändert: Von den 14.000 Besuchern insgesamt kamen mehr als 9.000 aus insgesamt 99 Grundschulen, das sind 65%. Rechnet man noch die Besucher aus den Gesamt- und Förderschulen hinzu, dann sind es nahezu 80% aus den Jahrgangsstufen 1 bis 6. Wie und mit welchen Filmen die höheren Jahrgänge intensiver gewonnen werden können, bleibt eine große Herausforderung. Erfreulich zumindest, dass 2023 mehr Gymnasien (15) als sonst beteiligt waren. Schwächer als in den Jahren zuvor waren dagegen Oberstufenzentren (2) vertreten.
49 Vorführungen für rund 2.200 Besucher wurden von Moderationen umrahmt und von Filmgesprächen begleitet. Diese herausgehobenen Veranstaltungen, vor allem jene mit Gästen, boten im »Lernort Kino« die intensivsten Erlebnisse und Erkenntnisse, was die Lehrkräfte in ihren Einschätzungen mündlich und schriftlich bestätigten.
Die bestbesuchten Filme waren »Rocca verändert die Welt« (2.614), »Der Räuber Hotzenplotz« (1.676), »Busters Welt« (1.300), »Karlchen – Das große Geburtstagsabenteuer« (1.198), »Tottori! – Kopfüber ins Abenteuer« (999), »Wo ist Anne Frank« (967), »Mama Muh und die große weite Welt« (961). Die fünf besucherstärksten der insgesamt 30 Filme erreichten 7.787 = 54% aller Besucher:innen. Die zehn besucherstärksten Filme kommen auf 11.425 = 80% aller Besucher:innen. Was heißt: 20 Filme teilen sich die restlichen 20% der Gesamtbesucherzahl.
Besucherstärkstes Kino war zum wiederholten Male das »Thalia« Programmkino Potsdam (1.700), gefolgt vom »Filmpalast« Bernau (1.050), dem »MovieMagic« Eberswalde (960), dem »FilmforUM« Schwedt (880), dem »Obenkino« Cottbus (860) und dem »Astoria« Wittstock (820). Stabil gute Ergebnisse erzielen vor allem jene Häuser, die langjährig und regelmäßig mit FILMERNST zusammenarbeiten, deren Leiter:innen sich durch besonderes Engagement für die besondere Präsentationsform »Schulkino« auszeichnen. Es müssen nicht immer jene Kinos mit den höchsten Besucherzahlen und den meisten Veranstaltungen sein, was eben gerade bei Einsaal-Kinos nur schwer zu erreichen ist. Sehr zu loben sind daher Kinos wie eben das »Obenkino« Cottbus, das »Union« Fürstenwalde, die »Neuen Kammerspiele« Kleinmachnow, das »Kino im Mediencampus« Potsdam-Babelsberg oder auch das Klubhaus Ludwigsfelde. Immer ein starker Partner ist das »Haveltorkino« Rathenow, das ein hervorragender Gastgeber der Eröffnungsveranstaltung war.
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